Sonntag, 7. August 2011

Jahresrückblick Neuseeland - aus Sicht einer Frau

Leben auf der Überholspur

Gerne bin ich in Deutschland schnell gefahren - am liebsten auf der Autobahn, ganz links, mit Tempo 200. Hier auf Neuseelands  Straßen geht es wesentlich gemütlicher zu. Die Höchstgeschwindigkeit  ist hier begrenzt auf maximal 100 km/h!!!  Naja, als kleiner  Ausgleich und Nervenkitzel führe ich dafür seit einem Jahr ein Leben mit gefühlten 300 km/h, mit permanenter Lichthupe und hektisch gesetztem Blinker ganz rechts auf der Überholspur (Linksverkehr eben). Vollgas non-stopp. Fester Tunnelblick, immer starr nach vorn gerichtet,  um so manche Enttäuschung und unerwartete schlechte Erfahrung besser hinter sich lassen zu können. Einfach weiterhin positiv in die Zukunft zu schauen, weil da ja noch so viele offene Baustellen auf einen warten. Manchmal frage ich mich, warum hier unten auf der Erdkugel nicht die Tage einfach  48 Stunden haben könnten? Vieles ist hier anders, anders als erwartet - nur dies leider nicht! Ein Jahr ist es nun her, seit wir hier über New York nach New Zealand eingereist sind. Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen. Mit vielen Wünschen und Erwartungen bin ich hier unten angekommen. Ja, ich dachte, mit dem großen Bündel an mehr oder weniger freiwillig gesammelter Lebenserfahrung und natürlich auch umfangreicher New Zealand Kenntnis, gut gewappnet für einen komplett neuen Start down-under zu sein. Aber vieles ist eben wie gesagt, anders hier.
Entschleunigt!
Jeden Tag wirst Du mehrmals, zum Beispiel an der  Kasse im Supermarkt gefragt: "How are you today?" Doch eigentlich interessiert es niemanden wirklich. Manchmal würde ich da gerne antworten: " Wenn ich nicht ständig Durchfall und Dauerdickezehjucken hätte,  eigentlich ganz prima! "

An diese merkwürdige Art der Begrüßung habe ich mich bereits so langsam gewöhnt. Als Rheinländer ist man  ja schon mit so einer gewissen Oberflächkeit in Sachen menschlicher Kommunikation vertraut. Das ist hier eben sehr ähnlich. Außer geschäftlichen Kontakten und eher oberflächlichen Beziehungen, ist es hier schwierig "tiefgründigere Freundschaften" aufzubauen. Manchmal hätte es mir einfach nur gut getan, ein ehrliches und ernst gemeintes  "wie geht es Dir? " zu hören.
Gerade eben lief auf DVD der Titel "Kaffeebud" mit Stefan Rab und den Bläck Fööss. Da ertappte ich mich auf einmal dabei, wie ich lauthals mitsang! All die rheinischen Frohnaturen zu sehen und zu hören, die ihr Herz auf der Zunge tragen...Schluck, ein wenig mußte ich da schon mit meinen Tränen kämpfen.  Kleines, kölsches Mädschen - am  Ende der Welt. Familie, Freunde, Menschen, die einem all die letzten Jahre ans Herz gewachsen sind - auch wenn man sich nicht allzu häufig gesehen hat - fehlen einem sehr. Auch würde ich mal wieder gerne ein leckeres, frisch gezapftes, eiskaltes Kölsch in einem Kölner Brauhaus wegtanken ;-)...hm, lecker...

Meine Entscheidung, in Deutschland alles aufzugeben, um hier zu leben, habe ich trotz allem bislang niemals bereut. Ich liebe die unglaublich schöne, immer präsente Natur hier. Täglich am menschenleeren Strand laufen zu können, barfuss auch im Winter. Besonders auch die vielen Regenbogen, gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, die die komplette wunderschöne Landschaft für einen kurzen Moment in traumhaften Farben umspannen, nehmen einen jedes mal von neuem in ihren Zauber.




Richtig angekommen bin ich hier dennoch (noch) nicht - dafür war das Leben in den letzten 12 Monaten wahrscheinlich einfach zu vollgepackt und hektisch. Aber als wir vor mehreren Wochen nach einem Aufenthalt aus Melbourne nach Raglan zurückkehrten, hatte ich überraschender Weise das freudige Gefühl "endlich" wieder nach Hause zu kommen.

Aber vermutlich werde  ich mich auch noch nach vielen Jahren immer noch wie das kleine, kölsche Mädschen am anderen Ende der Welt fühlen! So, ist das eben!

Einmal Kölnerin, immer Kölnerin...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hallo! Traut Euch und schreibt einen Kommentar zu diesem Post! :-)